Biremässli - Worte am Weg Klettgauerboten

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Ansehen sollte man ihnen, dass sie angesehen waren, den Männern, die ein Biremässli trugen. Nicht allen Familien «isch es agstande», diese Kopfzierde zu tragen.
Werner Näf,
So erzählte man mir im letzten Jahrtausend in Löhningen. Wie lange dieser Brauch schon her und ob er auch andernorts Mode war, weiss ich nicht. Ein Biremässli ist laut Schaffhauser Mundartwörterbuch eine «runde, flache Kopfbedeckung für Männer, meist aus Samt und mit Stickereien verziert». Als Teil der Tracht kann das Wort auch ein kleines Hütchen für ledige Frauen bezeichnen.

Bin ich, ist meine Familie, angesehen genug, ein Biremässli zu tragen? Heute wäre es wohl ein Followermässli: das Ansehen wird auf Insta oder Tiktok mit Zahlen statt mit Kopfbedeckungen angezeigt. «Mässli» für Ansehen der Menschen verschwinden nicht, sie wandeln sich.

Wen Gott ansieht, der ist angesehen, nicht messbar aber spürbar, nicht von Menschen aber vom Ewigen. Die Jahreslosung «Du bist ein Gott, der mich sieht.» (Gen. 16,13) ist ein erstaunter und erfreuter Ausruf: Du Gott bist ja nicht fern, du bist mir zugewandt, du gibst mir Ansehen, unabhängig von der Zahl meiner Follower oder der Form meiner Kopfbedeckung. Das macht mich unabhängiger von Menschen, freier. Wenn ich dann aufsehe zu dem, der mich sieht, entsteht eine Blickkontakt. Ansehen. Warum nicht?

Werner Näf, Gächlingen, publiziert im Klettgauer Boten 28.01.2023

























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