Hunger nach Gottes Wort
Was die reformierten Ramser dazu bewegte, ein Pfarrhaus zu bauen und eine Kirchgemeinde zu bilden.
Wir schreiben das Jahr 1841, den 26. August. Es ist evangelisch-reformierte Kirchensynode im Kanton Schaffhausen. Alle Pfarrer sind versammelt. Auch dabei ist Pfarrvikar Johann Konrad Mägis. Er betreut die Evangelisch-Reformierten in Ramsen von Schaffhausen aus. Er sagt: „Ramsen gehörte bisher zu den unbebauten Gemeinden.“ Selbstverständlich weiss der Pfarrvikar, dass in Ramsen Bauernhäuser und andere Häuser stehen, eine katholische Kirche und ein katholisches Pfarrhaus und noch nicht so lange auch eine reformierte Kirche. Aber die Reformierten haben noch kein Pfarrhaus. Und dies ist nötig, damit sie eine eigene Kirchgemeinde sein und einen Seelsorger im Dorf haben können.
Weiter sagt Johann Konrad Mägis, dass Ramsen erst neulich kirchlich bekannt wurde durch eine Kollekte. Drei Viertel Jahr vorher wurde in allen Kirchgemeinden im Kanton eine Kollekte für die evangelisch-reformierte Bevölkerung Ramsens erhoben. Diese Sammlung sollte mithelfen, das nötige Geld zusammenzubringen, um eine Kirchgemeinde bilden zu können. Die reformierten Ramser müssen nämlich mindestens 12'000 Gulden zusammenbringen. Dies entspricht dem Wert von 12 stattlichen Häusern. (Zum Vergleich: Ein Maurer hat einen Tageslohn von einem halben Gulden.) Mit diesem Kapital wird eine sogenannte Pfarrpfründe eingerichtet, eine Art Verleihstelle oder Bank: Das Geld wird gegen Zins ausgeliehen und mit den eingenommenen Zinsen kann dann ein Pfarrer entlöhnt werden.
Dann sagt Johann Konrad Mägis über die Reformierten in Ramsen: „Der frühere Druck war dieser Gemeinde wohlthätig, die Entbehrung alles Gottesdienstes hat einen Hunger nach Gottes Wort erweckt; der politische Druck hat grossen Fleiss und Sparsamkeit erzeugt. Die Sehnsucht nach Gottes Wort hat sie zu bedeutenden Opfern bewogen ...“ In diesen wenigen Worten hat Mägis die ganze bisherige Geschichte zusammengefasst.
Reformation
Die Reformations- und Erneuerungsbewegung, die im 16. Jahrhundert durch die Kirche ging, erreichte auch Ramsen. Auch dort liessen sich Menschen anstecken durch das, was die Reformation wieder neu entdeckt und aus der Dunkelheit ans Licht gebracht hatte: den Glauben an Jesus Christus, der frei macht. Die damaligen kirchlichen Traditionen hatten sich manchmal weit von der frei machenden Botschaft der Bibel entfernt und orientierten sich oft mehr an Macht und Geld als an der guten Nachricht von Jesus Christus.
Einwohner Ramsens, die nicht mehr nach diesen Traditionen glauben und leben wollten, sondern nach dem, was die Reformation wieder neu entdeckt hatte, kamen unter Druck. Anders als heute, wo bei uns jeder seinen Glauben leben kann, wie er will, befahl damals der Landesherr, was man zu glauben und wie man zu leben hatte. Und der damalige Landesherr Österreich verbot die Lehren der Reformation und befahl, dass man sich an die alten kirchlichen Gepflogenheiten zu halten hatte. Wer dies nicht tat, musste damit rechnen, vertrieben zu werden. Trotz diesem Druck hielten einige Ramser an den Lehren der Reformation fest und der evangelisch-reformierte Glaube breitete sich aus.
Bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts konnten die Reformierten in Ramsen ihren Glauben nur im Versteckten leben. Erst ab dann waren sie geduldet und mussten nicht mehr befürchten, wegen ihrem Glauben vertrieben zu werden. Allerdings durften sie sich weiterhin nicht in ihrem Dorf versammeln. Immerhin war es ihnen nun erlaubt, nach Buch oder Stein am Rhein oder anderswo in einen evangelisch-reformierten Gottesdienst zu gehen.
Tatkräftiger Einsatz
Langsam besser wurde es für die Reformierten erst, nachdem Ramsen zur Eidgenossenschaft gekommen war. Schliesslich konnten sie mit dem Bau eines Bethauses beginnen und dieses dann 1839 zur Kirche erweitern. Wenn sie dabei nicht selbst kräftig Hand angelegt und viel Geld zusammen gelegt hätten, wäre dies nicht möglich gewesen. Dazu bewegt, sich so zu engagieren, hat sie ihr Hunger nach Gottes Wort. So lässt es uns Pfarrvikar Johann Konrad Mägis wissen.
Und dieser Hunger der reformierten Ramser nach Gottes Wort bewegt sie dazu, alles dafür zu tun, dass sie eine eigene Kirchgemeinde sein und einen Seelsorger in ihrer Mitte haben können. Dabei können sie auf die Unterstützung des Regierungsrates und auf diejenige der bestehenden evangelisch-reformierten Kirchgemeinden im Kanton zählen. So können die Reformierten in Ramsen ein Pfarrhaus bauen und bringen auch genug Geld für eine Pfarrpfründe zusammen. Nachdem das Pfarrhaus bewohnbar ist, kann die Pfarrwahl im August 1843 stattfinden. Weil die evangelisch-reformierte Kirche damals Staatskirche war, wählt der Regierungsrat aus einem Dreiervorschlag des Kirchenrates den ersten Pfarrer von Ramsen. Es ist Pfarrvikar Johann Konrad Mägis.
Pfr. Urs Wegmüller
Wir schreiben das Jahr 1841, den 26. August. Es ist evangelisch-reformierte Kirchensynode im Kanton Schaffhausen. Alle Pfarrer sind versammelt. Auch dabei ist Pfarrvikar Johann Konrad Mägis. Er betreut die Evangelisch-Reformierten in Ramsen von Schaffhausen aus. Er sagt: „Ramsen gehörte bisher zu den unbebauten Gemeinden.“ Selbstverständlich weiss der Pfarrvikar, dass in Ramsen Bauernhäuser und andere Häuser stehen, eine katholische Kirche und ein katholisches Pfarrhaus und noch nicht so lange auch eine reformierte Kirche. Aber die Reformierten haben noch kein Pfarrhaus. Und dies ist nötig, damit sie eine eigene Kirchgemeinde sein und einen Seelsorger im Dorf haben können.
Weiter sagt Johann Konrad Mägis, dass Ramsen erst neulich kirchlich bekannt wurde durch eine Kollekte. Drei Viertel Jahr vorher wurde in allen Kirchgemeinden im Kanton eine Kollekte für die evangelisch-reformierte Bevölkerung Ramsens erhoben. Diese Sammlung sollte mithelfen, das nötige Geld zusammenzubringen, um eine Kirchgemeinde bilden zu können. Die reformierten Ramser müssen nämlich mindestens 12'000 Gulden zusammenbringen. Dies entspricht dem Wert von 12 stattlichen Häusern. (Zum Vergleich: Ein Maurer hat einen Tageslohn von einem halben Gulden.) Mit diesem Kapital wird eine sogenannte Pfarrpfründe eingerichtet, eine Art Verleihstelle oder Bank: Das Geld wird gegen Zins ausgeliehen und mit den eingenommenen Zinsen kann dann ein Pfarrer entlöhnt werden.
Dann sagt Johann Konrad Mägis über die Reformierten in Ramsen: „Der frühere Druck war dieser Gemeinde wohlthätig, die Entbehrung alles Gottesdienstes hat einen Hunger nach Gottes Wort erweckt; der politische Druck hat grossen Fleiss und Sparsamkeit erzeugt. Die Sehnsucht nach Gottes Wort hat sie zu bedeutenden Opfern bewogen ...“ In diesen wenigen Worten hat Mägis die ganze bisherige Geschichte zusammengefasst.
Reformation
Die Reformations- und Erneuerungsbewegung, die im 16. Jahrhundert durch die Kirche ging, erreichte auch Ramsen. Auch dort liessen sich Menschen anstecken durch das, was die Reformation wieder neu entdeckt und aus der Dunkelheit ans Licht gebracht hatte: den Glauben an Jesus Christus, der frei macht. Die damaligen kirchlichen Traditionen hatten sich manchmal weit von der frei machenden Botschaft der Bibel entfernt und orientierten sich oft mehr an Macht und Geld als an der guten Nachricht von Jesus Christus.
Einwohner Ramsens, die nicht mehr nach diesen Traditionen glauben und leben wollten, sondern nach dem, was die Reformation wieder neu entdeckt hatte, kamen unter Druck. Anders als heute, wo bei uns jeder seinen Glauben leben kann, wie er will, befahl damals der Landesherr, was man zu glauben und wie man zu leben hatte. Und der damalige Landesherr Österreich verbot die Lehren der Reformation und befahl, dass man sich an die alten kirchlichen Gepflogenheiten zu halten hatte. Wer dies nicht tat, musste damit rechnen, vertrieben zu werden. Trotz diesem Druck hielten einige Ramser an den Lehren der Reformation fest und der evangelisch-reformierte Glaube breitete sich aus.
Bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts konnten die Reformierten in Ramsen ihren Glauben nur im Versteckten leben. Erst ab dann waren sie geduldet und mussten nicht mehr befürchten, wegen ihrem Glauben vertrieben zu werden. Allerdings durften sie sich weiterhin nicht in ihrem Dorf versammeln. Immerhin war es ihnen nun erlaubt, nach Buch oder Stein am Rhein oder anderswo in einen evangelisch-reformierten Gottesdienst zu gehen.
Tatkräftiger Einsatz
Langsam besser wurde es für die Reformierten erst, nachdem Ramsen zur Eidgenossenschaft gekommen war. Schliesslich konnten sie mit dem Bau eines Bethauses beginnen und dieses dann 1839 zur Kirche erweitern. Wenn sie dabei nicht selbst kräftig Hand angelegt und viel Geld zusammen gelegt hätten, wäre dies nicht möglich gewesen. Dazu bewegt, sich so zu engagieren, hat sie ihr Hunger nach Gottes Wort. So lässt es uns Pfarrvikar Johann Konrad Mägis wissen.
Und dieser Hunger der reformierten Ramser nach Gottes Wort bewegt sie dazu, alles dafür zu tun, dass sie eine eigene Kirchgemeinde sein und einen Seelsorger in ihrer Mitte haben können. Dabei können sie auf die Unterstützung des Regierungsrates und auf diejenige der bestehenden evangelisch-reformierten Kirchgemeinden im Kanton zählen. So können die Reformierten in Ramsen ein Pfarrhaus bauen und bringen auch genug Geld für eine Pfarrpfründe zusammen. Nachdem das Pfarrhaus bewohnbar ist, kann die Pfarrwahl im August 1843 stattfinden. Weil die evangelisch-reformierte Kirche damals Staatskirche war, wählt der Regierungsrat aus einem Dreiervorschlag des Kirchenrates den ersten Pfarrer von Ramsen. Es ist Pfarrvikar Johann Konrad Mägis.
Pfr. Urs Wegmüller