Beten mit den Füssen
Regenbogen (Foto: Beat Frefel)
Der Jakobsweg ist fast überall in Europa zu finden. Unser Land macht da keine Ausnahme. Hier erstreckt er sich zum Beispiel von Schaffhausen nach Einsiedeln und weiter über die Flüeli-Ranft und das Emmental Richtung Westen. Oder von Konstanz nach Genf. Ziel aller Wege ist Santiago de Compostela in Spanien.
Beat Frefel,
Ob man aber nun dieses Ziel auch erreichen möchte, beantwortet wahrscheinlich jeder Pilger unterschiedlich. Was dem einen alleine der Weg wert ist: Der Weg ist das Ziel, ist der anderen alle erdenkliche Mühe wert: Sie möchte einmal im Leben als Pilgerin in der Kathedrale von Santiago ihren Pilgerweg zu Ende gebracht haben.
Jakobus der Ältere
Der Legende nach hat Jakobus der Ältere, ein Jünger von Jesus, hier seine letzte Ruhestätte gefunden. Weitere Legendenbildungen und die Sehnsucht der Menschen wahlweise nach Läuterung und Abenteuer machten den Weg nach Santiago im Laufe der Jahrhunderte attraktiv. Seit den 1990er Jahren erlebt der Pilgerweg einen richtigen Aufschwung.
Haupt- und Nebenwege
Wir sind im letzten Monat auch eine Etappe gepilgert. Sieben Tage wanderten wir der Küste Nordspaniens nach, von Comilas nach Gijon. Wir pilgerten durch Dörfer, über Strände, vorbei an Kühen und Schafen, über Teer- und Schotterwege, im Regen und im Wind, sahen den Regenbogen im Meer und spürten die Sonne wieder wärmend im Nacken, waren vergnügt oder beklagten dieses und jenes Wehwehchen, assen feine asturiensische und cantabresische Spezialitäten und zu trinken gab es auch.
Der Weg der Küste entlang ist ein Nebenweg des Jakobsweges. Aber auch er führt schlussendlich nach Santiago.
Gründe fürs Pilgern
Für die meisten steht nicht der Erlass der Sünden oder die Abenteuerlust beim Pilgern im Vordergrund. Aber jeder, der pilgert, fängt unweigerlich im stetigen Vorwärtsgehen sich mit sich an zu beschäftigen. Man ordnet die Gedanken, man erinnert sich an Gutes und Schlimmes, man kriegt den Kopf frei, man bedenkt Lösungen und erhält Ideen. Weil man geht und geht, stundenlang, und dabei nicht viel anderes tun kann. Wunderbar ist das, es ersetzt jede Supervision und jedes Coaching.
Mit den Füssen beten
Pilgern hat Menschen zu allen Zeiten fasziniert und verändert. Es verhilft vielen neu oder ganz anders zum Glauben an Gott und es erweitert den Horizont. Das tut beten auch. Wer es ausprobieren will, soll die Wanderschuhe schnüren und losgehen. Er wird mit den Füssen beten.