Hass ist ein menschliches Gefühl, kein göttliches.
Aber bei Gott hat Menschliches und allzu Menschliches Platz.
Aber bei Gott hat Menschliches und allzu Menschliches Platz.
PSALM 139, VERS 22:
«Sollte ich nicht die hassen, Gott, die dich hassen? Sollten mich nicht ekeln, die sich gegen dich auflehnen? Ich hasse sie mit glühendem Hass, sie sind mir zu Feinden geworden.»
Das steht in der Bibel – überrascht sie das? Es sollte in dem Buch doch um Nächstenliebe und Gottesliebe gehen, oder? Bei einem Psalm können wir die Verantwortung für solche Sätze immer noch dem Psalmdichter geben. Doch welche Redaktionskommission hat es versäumt, solche unheiligen Sätze aus der Heiligen Schrift zu löschen?
Und wenn der Ausdruck «Hass» Gott selbst zugeschrieben wird? Z.B. «Esau habe ich gehasst» (Maleachi 1,3)? Oder wenn Gott eifersüchtig genannt wird und nachtragend?
Also, wenn ich die Bibel als Ganzes anschaue, sehe ich Gott weder als hassend noch als nachtragend. Im Gegenteil. Trotz aller Fehler wendet sich Gott den Menschen immer wieder zu. Trotz aller Irrungen und Wirrungen begleitet Gott das Volk Israel durch die Geschichte. Und setzt in der Person Jesu ein überaus deutliches Zeichen seiner Bereitschaft zu Zuwendung und Versöhnung.
Es ist halt so: Die biblischen Texte wurden von Menschen geschrieben – gestützt auf tatsächliche oder vermeintliche Erfahrungen mit Gott. Manchmal aber auch einfach aufgrund ihrer Deutungen der Wirklichkeit: «So ein Verhalten muss Gott doch hassen!» «Dies geschieht, weil Gott das oder den hasst!» Der Psalmdichter zieht daraus den Schluss, dass er ebenfalls hassen darf oder sogar muss.
Ich hingegen ziehe den Schluss, dass Hass eine Regung ist, die zum Menschen gehört, nicht zu Gott. Und dass Menschen, die meinen, mit Berufung auf Gott andere Menschen verurteilen und hassen zu dürfen, ganz und gar nicht im Sinne Gottes handeln.
OK, Hassgefühle gehören wohl zu uns Menschen. Aber niemand soll sich zur Rechtfertigung dafür auf Gott berufen.
Es geschieht so schnell, dass wir persönliche Gefühle für Eingebungen halten. Und es geschieht so schnell, dass wir uns mit Urteilen an die Stelle Gottes setzen, bzw. Gott für uns vereinnahmen. Dass die Bibel solches nicht verschweigt, spricht für ihre Menschlichkeit – und Ehrlichkeit. Solche Texte regen an zum Nachdenken über uns selbst.
Joachim Finger, Pfarrer im Ruhestand, Löhningen
Kolumne in den Schaffhauser Nachrichten
» Archiv der Bibelkolumnen
«Sollte ich nicht die hassen, Gott, die dich hassen? Sollten mich nicht ekeln, die sich gegen dich auflehnen? Ich hasse sie mit glühendem Hass, sie sind mir zu Feinden geworden.»
Das steht in der Bibel – überrascht sie das? Es sollte in dem Buch doch um Nächstenliebe und Gottesliebe gehen, oder? Bei einem Psalm können wir die Verantwortung für solche Sätze immer noch dem Psalmdichter geben. Doch welche Redaktionskommission hat es versäumt, solche unheiligen Sätze aus der Heiligen Schrift zu löschen?
Und wenn der Ausdruck «Hass» Gott selbst zugeschrieben wird? Z.B. «Esau habe ich gehasst» (Maleachi 1,3)? Oder wenn Gott eifersüchtig genannt wird und nachtragend?
Also, wenn ich die Bibel als Ganzes anschaue, sehe ich Gott weder als hassend noch als nachtragend. Im Gegenteil. Trotz aller Fehler wendet sich Gott den Menschen immer wieder zu. Trotz aller Irrungen und Wirrungen begleitet Gott das Volk Israel durch die Geschichte. Und setzt in der Person Jesu ein überaus deutliches Zeichen seiner Bereitschaft zu Zuwendung und Versöhnung.
Es ist halt so: Die biblischen Texte wurden von Menschen geschrieben – gestützt auf tatsächliche oder vermeintliche Erfahrungen mit Gott. Manchmal aber auch einfach aufgrund ihrer Deutungen der Wirklichkeit: «So ein Verhalten muss Gott doch hassen!» «Dies geschieht, weil Gott das oder den hasst!» Der Psalmdichter zieht daraus den Schluss, dass er ebenfalls hassen darf oder sogar muss.
Ich hingegen ziehe den Schluss, dass Hass eine Regung ist, die zum Menschen gehört, nicht zu Gott. Und dass Menschen, die meinen, mit Berufung auf Gott andere Menschen verurteilen und hassen zu dürfen, ganz und gar nicht im Sinne Gottes handeln.
OK, Hassgefühle gehören wohl zu uns Menschen. Aber niemand soll sich zur Rechtfertigung dafür auf Gott berufen.
Es geschieht so schnell, dass wir persönliche Gefühle für Eingebungen halten. Und es geschieht so schnell, dass wir uns mit Urteilen an die Stelle Gottes setzen, bzw. Gott für uns vereinnahmen. Dass die Bibel solches nicht verschweigt, spricht für ihre Menschlichkeit – und Ehrlichkeit. Solche Texte regen an zum Nachdenken über uns selbst.
Joachim Finger, Pfarrer im Ruhestand, Löhningen
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