Hör auf den Esel! – Bibel einfach erklärt
Die Bibel hat wunderbare Methoden, um unser Selbstverständnis in Frage zu stellen: Ein Esel der sieht und spricht, im Gegensatz zum Menschen, der blind ist und Gewalt anwendet. Auch wir müssen uns heute immer wieder die Frage stellen, ob wir uns nicht blind verhalten und mit allen Mitteln unsere Bedürfnisse durchzusetzen versuchen. Wandeln wir diesen Fluch in den Segen der Geschwisterlichkeit!
4. MOSE, KAPITEL 22, VERSE 28 UND 31:
«Da öffnete der Herr der Eselin den Mund und die Eselin sagte zu Bileam: Was habe ich dir getan, dass du mich jetzt schon zum dritten Mal schlägst? Nun öffnete der Herr dem Bileam die Augen und er sah den Engel des Herrn auf dem Weg stehen, mit dem gezückten Schwert in der Hand.»
Esel spielen eine populäre Rolle in der Bibel. Sie begegnen uns in diversen Geschichten im Alten wie im Neuen Testament. Unser Esel heute aber ist etwas ganz Besonderes: Er kann reden!
Das kommt so: Der Seher Bileam ist im Auftrag des Moabiterkönigs Balak auf dem Weg, um das Volk Israel zu verfluchen. Dies ist jedoch nicht Gottes Absicht und so stellt sich Bileam ein Engel in den Weg, um ihn zu töten. Bileam kann ihn nicht sehen, anders als sein Esel – der sieht ihn, weigert sich weiterzugehen und wird dafür geschlagen.
Eine Ironie liegt darin: Der Seher sieht nicht – die Eselin schon, Bileam setzt auf physische Gewalt – die Eselin spricht eine menschliche Sprache. Ist hier nicht das Tier dargestellt als empfänglicheres Geschöpf für den Willen Gottes? Anders als der Mensch, der sich für die Krönung der Schöpfung hält? Entblößt das nicht unsere zwischenzeitliche Überheblichkeit?
Eine Geschichte wie gemacht für unsere Zeit! Wo wir doch langsam aber sicher unsere Vormachtstellung in der Schöpfung und unser (Be-)Nutzen der Natur – über unsere Bedürfnisse hinaus – hinterfragen. Wo wir merken, wie klein wir sind, wenn wir das verheerende Erdbeben in der Türkei betrachten. Wo wir merken, wie wenig wir uns im Griff haben, wenn wir in Anbetracht des Ukrainekrieges fassungslos feststellen, wozu Menschen fähig sind.
Auf Bileam kann Gott nicht zählen, aber auf den Esel! Auch auf uns kann Gott oft nicht zählen. Aber Hilfeschreie um uns herum, sei es aus der Natur oder sei es die Not der Menschen, können uns Auge und Ohr öffnen. Wir waren nie Herren der Schöpfung und werden es nie sein. Je eher wir das lernen und uns diese Weisheit Gottes von unseren Mitgeschöpfen zurufen lassen, umso gemeinschaftlicher können wir die Probleme und Themen der Zeit angehen.
Übrigens: Statt das Volk Israel zu verfluchen, musste Bileam es auf Gottes Geheiß segnen! Gut konnte er Gottes Segen nicht verhindern. Und noch besser: Nichts kann Gottes Segen verhindern. Auch wir nicht. Gottes Segen überwiegt unser Tun.
Bernadette Peterer, Pfarreiseelsorgerin, kath. Pastoralraum Schaffhausen – Reiat,
für Rückmeldungen:
Kolumne in den Schaffhauser Nachrichten
» Archiv der Bibelkolumnen
«Da öffnete der Herr der Eselin den Mund und die Eselin sagte zu Bileam: Was habe ich dir getan, dass du mich jetzt schon zum dritten Mal schlägst? Nun öffnete der Herr dem Bileam die Augen und er sah den Engel des Herrn auf dem Weg stehen, mit dem gezückten Schwert in der Hand.»
Esel spielen eine populäre Rolle in der Bibel. Sie begegnen uns in diversen Geschichten im Alten wie im Neuen Testament. Unser Esel heute aber ist etwas ganz Besonderes: Er kann reden!
Das kommt so: Der Seher Bileam ist im Auftrag des Moabiterkönigs Balak auf dem Weg, um das Volk Israel zu verfluchen. Dies ist jedoch nicht Gottes Absicht und so stellt sich Bileam ein Engel in den Weg, um ihn zu töten. Bileam kann ihn nicht sehen, anders als sein Esel – der sieht ihn, weigert sich weiterzugehen und wird dafür geschlagen.
Eine Ironie liegt darin: Der Seher sieht nicht – die Eselin schon, Bileam setzt auf physische Gewalt – die Eselin spricht eine menschliche Sprache. Ist hier nicht das Tier dargestellt als empfänglicheres Geschöpf für den Willen Gottes? Anders als der Mensch, der sich für die Krönung der Schöpfung hält? Entblößt das nicht unsere zwischenzeitliche Überheblichkeit?
Eine Geschichte wie gemacht für unsere Zeit! Wo wir doch langsam aber sicher unsere Vormachtstellung in der Schöpfung und unser (Be-)Nutzen der Natur – über unsere Bedürfnisse hinaus – hinterfragen. Wo wir merken, wie klein wir sind, wenn wir das verheerende Erdbeben in der Türkei betrachten. Wo wir merken, wie wenig wir uns im Griff haben, wenn wir in Anbetracht des Ukrainekrieges fassungslos feststellen, wozu Menschen fähig sind.
Auf Bileam kann Gott nicht zählen, aber auf den Esel! Auch auf uns kann Gott oft nicht zählen. Aber Hilfeschreie um uns herum, sei es aus der Natur oder sei es die Not der Menschen, können uns Auge und Ohr öffnen. Wir waren nie Herren der Schöpfung und werden es nie sein. Je eher wir das lernen und uns diese Weisheit Gottes von unseren Mitgeschöpfen zurufen lassen, umso gemeinschaftlicher können wir die Probleme und Themen der Zeit angehen.
Übrigens: Statt das Volk Israel zu verfluchen, musste Bileam es auf Gottes Geheiß segnen! Gut konnte er Gottes Segen nicht verhindern. Und noch besser: Nichts kann Gottes Segen verhindern. Auch wir nicht. Gottes Segen überwiegt unser Tun.
Bernadette Peterer, Pfarreiseelsorgerin, kath. Pastoralraum Schaffhausen – Reiat,
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