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Anpacken - dazu braucht es Leute wie die Seelhofers

Annemarie und Christian Seelhofer (Foto: Seelhofer)

Annemarie und Dr. med. Christian Seelhofer aus Beringen, liessen am Regio-Seniorennachmittag im Gemeindehaus Gächlingen, die Zuhörerschaft an ihrer Rückschau auf zehn Jahre ereignisreiche Entwicklungsarbeit in Zimbabwe teilhaben, während Mischa Hafens Gesang und Gitarrenspiel den Frühling in den Saal brachte.
Katharina Nimanaij
Bewunderung haben sie wohl verdient, die beiden Seelhofers, die im Jahr 1982 eine Arztpraxis in Beringen eröffneten und zwanzig Jahre danach einen gewagten Aufbruch in einen absolut neuen Lebensabschnitt wagten. Warum tut man sowas? Die erwachsenen Kinder, die Enkel, Freunde, einfach alles hinter sich lassen, um in ein fremdes, von Armut geprägtes Land zu ziehen? So einfach sei das nicht gewesen, gestand Annemarie Seelhofer. Sie habe wohl geahnt, dass sie furchtbar Heimweh haben werde. Christian Seelhofer erklärte, dass es als Arzt mit der Zeit etwas schwierig geworden sei. Die Leute kamen mit gewissen Ansprüchen in die Praxis. Sie holten sich Auskünfte bei Google und erklärten neuerdings dem Doktor was zu tun sei. Da er sich in verschiedenen Spitälern viel Praxis in der Chirurgie angeeignet hatte, verspürte er den Wunsch, auch etwas Befriedigendes damit anzufangen und so haben sich Seelhofers schliesslich für die Entwicklungshilfe entschieden. Sie fanden eine Organisation und wurden nach Zimbabwe geschickt. Dort arbeiteten sie von 2002 – 2012 und leisteten Grosses.

In Zimbabwe ist alles anders:
Die Gegend ist karg. Es gibt viele Felsen und Sand. Die Regenzeit beginnt im November und dauert bis Februar. Die Menschen dort müssen mit der Rauheit und der Knappheit der Natur leben. Am besten gedeiht der Mais, von dem sie sich in der Hauptsache ernähren. Manchmal reicht es für drei Mahlzeiten und manchmal auch nur für eine pro Tag. Ganz selten für etwas Fleisch von Hühnern. Strom gibt es keinen in den Rundhäusern, die aus Sand Stroh und Lehm gebaut werden. Wasser beschaffen ist mühsam. Es wird aus dem Grundwasser gepumpt und in grossen Eimern tragen es die Frauen, manchmal auch Kinder, auf den Köpfen zu den Hütten. Trotzdem entzückten einem die Bilder aus diesem Land im südlichen Afrika. Da wachsen satte Orangen- und Mangobäume, Aloe und Akazien. Sie wirken wie das Lächeln der Einheimischen, das trotz der Armut stets auf ihren Gesichtern erscheint. Es gibt keine Dörfer, so wie wir sie bei uns kennen. Mitten drin in der Natur, ragen die typischen Rundhäuser hervor. Ein Kral, womit drei Rundhäuser gemeint sind. Die grösste Hütte beherbergt eine einfache Küche mit immer einem Feuer in der Mitte und spärlichem Zubehör. Eine Hütte braucht man zum Schlafen, eine für Vorräte und eine für die Grossmutter.

Das Spital in Silveira:
Dreissig Prozent der Bevölkerung ist mit dem HIV-Virus infiziert. Darunter viele junge Leute. Die Patienten werden in Schubkarren, manchmal auch Karetten zum Spital gebracht. Die Strassen sind schlecht und die Transporte dauern Stunden, manchmal Tage lang. Pro Tag kommen bis zu hundertfünfzig Patienten ins Spital. Eine Krankenschwester bedient den Empfang und kann die meisten Patienten behandeln. Fünfzig pro Tag bleiben zurück. Am Morgen von halb acht bis acht Uhr habe er den Patienten die faulen Zähne gezogen, berichtete Seelhofer. Dann kamen die Operationen dran. Schwere Fälle. Verbrennungen, Schlangenbisse, Geschlagene und schwer verletzte Frauen und Gebärende. Pro Jahr zählte man zweitausend Geburten. Manchmal hatte man nicht genügend Betten für alle Gebärenden zur Verfügung. Sie hockten ganz einfach am Boden, um ihre Babys zur Welt zu bringen. Bilder, wie Dr. Christian Seelhofer bei Kerzenlicht, weil der Strom ausgegangen war, Patienten operierte. Bewunderndes Raunen im Saal. Es mussten einfache Methoden angewendet werden, sagte er. Aber man brauchte dafür auch weniger Material. Mit einfachen Mitteln operierte er schwer Verletzte. Oder behandelte eine schwangere Frau, die über das Feuer in der Küche gestürzt war und Verbrennungen schweren Grades davontrug. Bilder, wie er einen Kaiserschnitt vorbereitete und einen Winzling aus dem Bauch holte und auf saubere Tücher legte, berührten. Ein neues Leben in diesem armen Land. Wunschkind, oder Waisenkind?

Das Kinderhaus:
Annemarie Seelhofer berichtete über die vielen Waisenkinder, die einfach irgendwo auf der Strasse lebten. Nur manchmal bekamen sie etwas zu Essen. Oft auch nicht. Völlig verwahrlost, unterernährt und verhaltensgestört, sassen sie irgendwo am Boden. Diese Trostlosigkeit rührte an ihr Herz. Sie nahm ein paar von diesen Kindern auf und betreute sie. Innert Kürze entwickelten sich die Waisen zu hübschen, kleinen Kindern. Annemaries Anfänge entwickelten sich immer weiter. Mehr Kinder. Mehr Betreuerinnen. Im Jahre 2007, nach etlichen Kämpfen und Verzögerungen, aber auch erfreulichen Spendengeldern aus Schaffhausen, entstand das Kinderhaus «Silveira’s Little Birds» in Zimbabwe. Ein Verein wurde gegründet. Er unterstützt das neugebaute Kinderhaus mit je nach Belegung, fünf bis fünfzehn Kindern. Die Kinder werden Tag und Nacht liebevoll von einheimischem Personal betreut, das von Annemarie instruiert wurde. Sie zeigte den Frauen, wie wichtig es sei, wenn man die Kinder in die Arme nimmt, sie streichelt und einfach liebhat. Diese Kinder haben eine Chance auf ein angemessenes Dasein. Wenige genug. Wie schön klang das Lied, das Mischa Hafen, Lehrer in Gächlingen feinfühlig darbrachte: «Du sehnst dich nach Liebe.» So wie er am Anfang mit einer Darbietung den Frühling preiste. Es passte zum Tag. Es passte zum grossartigen Lebenswerk von Annemarie und Christian Seelhofer. Ein Paar, das weiss was es heisst: «Anpacken, wo es nötig ist.» Dieser Meinung war auch Marianne Näf, die besonders schöne Begrüssungs- und Abschiedsworte wählte.
Bereitgestellt: 27.02.2023      
aktualisiert mit kirchenweb.ch